Manche Leute, die dich in Aktion gesehen haben, nennen dich den Mick Jagger des Dancefloor. Wie findest du das?

Nicht übel, obwohl ich natürlich ein Stück jünger bin.

Was soll das bedeuten, Mick Jagger des Dancefloor?

Wahrscheinlich spielen die Leute darauf an, dass ich mich nicht altersgemäß verhalte.

Tust du das?

Von DJs in meinem Alter wird erwartet, dass sie beim Senioren-Tanztee für Stützstrumpfträger auflegen. Aber das ist nicht mein Ding. Ich sehe mich in einem kontinuierlichen Zeitrom von meinen Anfängen in den Münchner Clubs der 80er Jahre bis zur aktuellen House-Kultur.

Du legst House auf?

Unter anderem, aber auch Disco-House-Remixe und die urprünglichen Ikonen der Disco-Ära.

Donna Summer und so?

Genau.

Also doch Musik für die Generation Stützstrumpf.

Du wärst erstaunt, wie viele junge Menschen auf die alten Discohits abfahren.

Gut und schön, aber ich weiß immer noch nicht, warum du das Label Mick Jagger des Dancefloor trägst.

Vielleicht, weil ich den DJ auf die nächste evolutionäre Stufe gebracht habe.

Wie ist das zu verstehen?

Beim DJing hat mich von Anfang an die Barriere zwischen mir und dem Publikum gestört. Ich nehme die DJ-Kanzel als massive Barriere zwischen DJ und Dancefloor wahr. Für die echte emotionale Kommunikation muss der DJ mitten unter die Leute.

Und das tust du?

Genau.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Ich habe ein kleines DJ-Terminal, das drahtlos mit der Musikanlage verbunden ist. Damit gehe ich entweder direkt an die Bühnenrampe ...

Aha, wie Mick Jagger.

Wenn du so willst. Oder, noch besser, direkt zwischen die Leute auf der Tanzfläche.

Stehst du da nicht ziemlich im Weg rum?

Blödsinn! Ich tanze ja selbst mit.

Du tanzt mit? Mit dem DJ-Terminal in der Hand?

Das ist die beste und direkteste Methode, um die Vibrationen des Publikums aufzuspüren und in Musik umzusetzen.

Moment mal! Wie soll das gehen ohne Kopfhörer?

Ja, die Kopfhöhrer! Das goldene Kalb der DJ-Zunft. Das geht auch anders.

Und wie?

Tut mir Leid, Betriebsgeheimnis. Alles, was ich dir sagen kann: Gut vorbereitete Tracks und eine Vergangenheit als Musiker sind sehr hilfreich.

Du warst Musiker?

Als eine Hälfte des Musikprojekts ZaZa gab es einen Hit der Neuen Deutschen Welle.

Welchen?

Zauberstab. 26 Wochen in den Top 100, und das trotz Mediensperre wegen anstößigem Text.

Kommt mir irgendwie bekannt vor.

Das liegt daran, dass der Titel dauernd gecovert wird, zuletzt von Oomph.

Und deswegen kannst du ohne Kopfhörer arbeiten?

Unter anderem.

Aber wie soll denn da ein dynamischer Flow entstehen?

Wunder der Technik und Musikalität. Hör die einfach mal meine Demos an, die gibt's auf der Website.

Das erscheint mir alles ziemlich avantgardistisch.

Ich denke, das Embedded DJing wird sich innerhalb der nächsten zehn Jahre flächendeckend durchsetzen, zumindest im Event- und Partybereich. Die Zeichen der Zeit stehen einfach dafür. Die Entwicklung wird ähnlich verlaufen wie der Wandel vom Festnetz zum Mobiltelefon.

Und du glaubst, in zehn Jahren hüpfen alles DJs mit tragbaren Terminals zwischen den Tänzern herum?

Sicher nicht alle. Die DJs, die intensiv mit Loops, Scratching und Samples arbeiten, benötigen - vorerst - die technische Infrastruktur der DJ-Kanzel. Dann gibt es die DJs, die die Kanzel zur Sublimierung unterschwelliger Machtphantasien brauchen und lieber über dem Volk thronen.

Als Dancefloor-Reichsparteitag sozusagen?

Das hast du gesagt. Dann gibt es noch die introvertierten DJs, die am liebsten für sich bleiben und nicht von der johlenden Menge behelligt werden möchten. Der Fairness halber muss man aber sagen: Aus dieser Gruppe kommen viele der genialsten DJs.

Und wie geht's jetzt weiter?

Wie bei allen Visionären. Erst müssen die Widerstände des Althergebrachten gegen das Neue überwunden werden. Dann werden wir alle gemeinsam eine Menge Spaß haben.
 

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