INSTANT
TEKNO

Die DanceMachine
von PXD Media im Test
von Nexo of Kystone

 

Um sich mit der Produktion von Dance und Tekno zu befassen, kann man zwei Wege gehen: Entweder man investiert zwischen 30.000 und 100.000 Mark in eine entsprechende Studioausrüstung, wirft Pappi aus seinem Hobbykeller und verbringt erst einmal zwei Monate damit, sich in Geräte und System einzuarbeiten.

Oder man besorgt sich für knapp 50 Deutschmark die DanceMachine von PXD Media. Diese Alternative hat drei Vorteile: Weiter wird nichts benötigt (außer einem multimediafähigen PC natürlich), die Entwicklung des ersten Dancetracks benötigt etwa zwei Stunden, und: es macht einen Heidenspaß.

    Gesamtansicht der Benutzeroberfläche

 

Daß man bei diesem Preis einige Einschränkungen In Kauf nehmen muß, dürfte klar sein. Ob man damit leben kann, hängt im Wesentlichen davon ab, was man vorhat. Geht es darum, eine Existenz auf der Grundlage von Musikproduktionen aufzubauen, ist die DanceMachine sicher nicht das geeignete Werkzeug. Möchte man auf unkomplizierte Weise zum eigenen Vergnügen Dance- und Teknotitel herstellen, um sie vielleicht auf der nächsten Party einzusetzen, ist man mit der DanceMachine hervorragend bedient.

Doch auch semiprofessionelle Aufgaben lassen sich mit dem Windowsprogramm rationell bewältigen: Von der Filmvertonung (ohne Synchronisation) über die Herstellung von Basics für die Weiterverarbeitung im Studio bis hin zum DJ-Einsatz bei der Produktion eigener Loops für die Arbeit vor Ort bietet sich ein weites Feld.

 

Doch gerade von den DJs droht der DanceMachine zweifache Gefahr: Die Zukunft wird zeigen, ob sie das im Verbrauchermarkt zwischen Druckertreiber- und Sex-CDs erhältliche Produkt als "Gartenzwergstudio" ablehnen oder es als Kult annehmen. PXD tut einiges, um den zweiten Weg zu forcieren. Doch dazu später mehr.

Der andere Einwand, der von DJs und Musikschaffenden kommt, wiegt erheblich schwerer: Mit der DanceMachine lassen sich bislang nur Titel in einer fest eingestellten Geschwindigkeit herstellen. Sie liegt zwar mit 140 bpm im guten Mittelfeld, dürfte das Programm aber gerade in seinem eigenen Einsatzgebiet stark behindern. Geschwindigkeitssteuerung ist eines der wichtigsten Funktionselemente bei Dancefloormusik. Hier liegt dringender Upgradebedarf vor.


Funktionsweise

 

Die DanceMachine basiert auf dem Sequencerprinzip professioneller Systeme wie beispielsweise Steinbergs Cubase. Im Gegensatz zu diesen Programmen arbeitet die DanceMachine ausschließlich mit fertigen Samples, sendet also keine MIDI-Signale aus, die Synthesizer, Sampler oder Drummachines steuern könnten. Im Lieferumfang sind bereits rund 1000 Samples enthalten, die im unteren Teil des Bildschirms vorliegen, übersichtlich geordnet in Kategorien - von fertigen Drum-Bass-Loops über Synthesizerflächen bis zu Stimmen und Effekten. Um beliebig miteinander kombinierbar zu sein, sind die harmonischen Samples alle in derselben Tonart angelegt.

 

Den oberen Teil des Bildschirms nimmt das Arrangefenster ein. Es zeigt jeweils 22 Takte des aktuellen Mixes. Ein laufender Fadenzeiger informiert über die aktuelle Songposition beim Abspielen. Das Fenster schiebt sich bei der Wiedergabe automatisch weiter.

Das Herstellen von Mixes kann einfacher nicht sein. Erstens: Im Depot auf die einzelnen Samples doppelklicken, um sie einmal abzuspielen. Ist das gewünschte gewunden, dann zweitens: einfach nach oben ins Arrangefenster ziehen und an der gewünschten Stelle loslassen. Eine Magnetfunktion läßt das Sample genau auf dem Taktanfang einschnappen. Für anspruchsvollere Arrangements oder Samples, die nicht genau "auf dem Takt" sitzen, kann man das Sample bei gehaltener Strg-Taste im Sechzehntelraster verschieben. Leider ist hier eine weitere, unangenehme Schwäche des Programms zu finden: Überlappungen von Samples lassen sich nur im Abstand von mindestens einem Takt bewerkstelligen. Für ausgefuchste Effekte wäre die Überlappung im Sechszehntelraster dringend erforderlich.

Die DanceMachine versteht sich als virtuelles Achtspurstudio. Entsprechend stehen acht Tracks zum Positionieren der Samples zur Verfügung. Mit Spuren ist es wie mit Festplattenspeicher: Man hat nie genug davon. Die Einschränkung auf acht Tracks zeigt ziemlich eindeutig auf den Hobbystatus des Programms, denn sie genügen in der Regel gerade einmal zur Herstellung des Basisgrooves und einiger Effekte. Für die individuelle Ausgestaltung eigenständiger Werke ist dann oft kein Platz mehr. Meine Meinung: Selbst das Fun-Gerät DanceMachine sollte mindestens 16 Spuren aufweisen. Mindestens, sagte ich.

 
 

Sobald mehrere Spuren vorliegen und der Mix Gestalt anzunehmen beginnt, stößt man auf die nächste, schmerzhaft empfundene Einschränkung: Es gibt keine Lautstärkeanpassung der einzelnen Spuren. Das ist bitter, denn selbst bei noch so ausgewogen produzierten Samples sind Anpassungen an der Restmix unbedingt erforderlich. Weniger störend für den Dancebereich ist der Umstand, daß nur zwei der acht Spuren stereophon ausgelegt sind. Die Spuren sieben und acht nehmen jeweils die ganz linke und rechte Hörposition ein und sind für Stereosamples gedacht - Synthesizerflächen und Effekte geben dem Mix damit einen "teuren" Sound. Nur zwei Stereospuren - schön und gut: Die aber sollten zumindest mit Pan-Reglern ausgestattet sein, um auch andere Aufgaben erfüllen zu können.

Den Draht nach draußen bilden zwei Einrichtungen: Mit der REC-Abteilung lassen sich eigene Quellen direkt in der DanceMachine aufnehmen, als WAV-Dateien speichern und wie die mitgelieferten Samples verwenden. Über die Import- und Exportfunktion kann man bereits existierende WAV-Dateien einbinden und erzeugte Mixe als WAV-Dateien ausgeben. Letzteres sei allerdings nur den glücklichen Besitzern unendlicher Speicherkapazitäten anzuraten. Der ökonomischere Weg ist sicherlich die Verwendung einer Kabelverzweigung am Soundkartenausgang, um die eigenen Geniestreiche auf CompactCassetten- oder DAT-Recorder zu speichern. Soll eine CD gebrannt werden, ist allerdings die Ausgabe als WAV-Datei der optimale Weg.

 


Wie klingts?

 

Die im Lieferumfang enthaltenen Samples liegen in CD-Qualität vor. Sie sind sorgfältig produziert, gefiltert und gepegelt. Werden bei der Produktion eines Mixes die Grundregeln von Harmonie und Rhythmus nicht empfindlich verletzt, klingen die Ergebnisse meist "amtlich". Die Kunst bei der Arbeit mit der DanceMachine liegt weniger im Erreichen eines professionellen Soundstandards als in dem Kraftakt, aus fertig konfektionierten und oft gehörten Soundelementen eine eigenständige, kreative Eigenkomposition zu fertigen.

Die enhaltenen Samples wirken modern und lassen sich für aktuelle Produktionen gut verwenden. Etwas störend ist der Hang des verantwortlichen Produzenten zu strukturierten Sequenzen. Oft findet man unter einer ganzen Familie von Variationen eines wirklich guten Sounds keine einzige, die das Muster durchläufig präsentiert. Da man die Samples - wie bereits erwähnt - nur im Taktabstand überlappen kann, müssen viele gute Ideen den Systemtod sterben.

Spielzeug oder Kult?

 

Diese Frage muß ich mit einem klaren "keine Ahnung!" beantworten. Für mich wäre es Kult, denn einige Aspekte der DanceMachine zeigen in diese Richtung. Und das sage ich als eingefleischter Musiker. Allerdings habe ich wiederholt festgestellt, daß meine Ansichten und die der DJs diametral auseinandergehen - und es sind die DJs in ihrer Rolle als Szenelotsen, die letztendlich über das Schicksal der DanceMachine entscheiden werden.

Für mich, wie gesagt, wäre die DanceMachine Kult. Und zwar, weil sie ein offenes System ist, das die Interaktion zwischen Usern und Produzenten erlaubt. Niemand ist gezwungen, mit den Factory-Samples zu arbeiten. Jeder kann eigene Grooves, Sounds, Voices und Effekte häkeln, sie importieren und verwenden. Wer sich für wenig Geld einen leistungsfähigen Wave-Editor besorgt, kann Loops und Flächen mittels Stretching und Pitching an die Systemsamples anpassen. Als sehr gutes Tool empfiehlt sich dazu CoolEdit, das als Shareware erhältlich ist und 50 Dollar kostet.

Und auch PXD arbeitet an der Weiterentwicklung des Systems. Zwei Sample-CDs mit zusammen 800 neuen Sounds und einem Programm-Update sind angekündigt. Sie lagen bei Redaktionsschluß noch nicht vor. Auf der Website von PXD kann man nicht nur DanceMachine und Sample-CDs bestellen, sondern auch neue Sounds aus einer hoffentlich schnell wachsenden Bibliothek herunterladen sowie eigene Werke zum allgemeinen Download präsentieren.

Wenn die Macher nicht von allen guten Geistern verlassen sind, werden sie das Programm in seinen größten Einschränkungen (Tempo, Spurzahl, Spurbalance) optimieren. Wer weiß, vielleicht gibt es dereinst einmal die DanceMachine professional? Und wenn die Programm-Macher auch noch einen Weg finden, die heruntergeladenen oder eigenen Waves nach dem Importieren nicht als ungeordneten Haufen in einen gemeinsamen Bereich zu zwängen, sondern gemäß ihrer Funktion den entsprechenden anderen Bereichen zuzuordnen (laut Angaben von PXD im Update bereits enthalten!), ist dem Kultstatus Tür und Tor geöffnet.

Oder doch nicht, Sven?

 

Daten

 

Produkt:
Wavesample-Arranger und Player

Hersteller:
PXD Media GmbH, 70184 Stuttgart
http://www.pxdmedia.com

Sytemvoraussetzungen:
486 DX 33, 8 MB RAM, Doublespeed-CD-ROM
16 Bit Soundkarte, Windows ab 3.1

Programmierung:
Bernhard Throll

Samplebearbeitung:
Marc Gminder

Positiv:
Problemlose Installation
Einfache Bedienung
Gute Soundqualität
Import eigener Samples
Aktualisierung über CDs und Website

Negativ:
Nur eine Geschwindigkeit
Keine Lautstärkesteuerung der Spuren
Geringe Spurenzahl
Importierte Waves lassen sich nicht ordnen