Makroprozessor SmartKey in Test
Von CyberJack IV - ne
Aufmerksame Wächter, welche die Texteingaben des PC-Anwenders unablässig beobachten und bei Bedarf mit Vervollständigung oder Korrektur zur Hilfe eilen, kennt jeder Besitzer besserer Textprogramme wie beispielsweise Word für Windows. Weniger gut ausgestattet in dieser Richtung sind die Quelltexteditoren der diversen Programmierumgebungen. Völlig alleingelassen fühlt sich die Hunderttausende zählende Chatgemeinde. Wer während des Onlinedialogs in größter Eile umfangreiche Textmengen abstoßen muß und darauf angewiesen ist, zwischen den haufenweise auftretenden Tippfehlern annähernd verständliche Botschaften zu produzieren, denkt oft sehnsuchtsvoll an einen im Hintergrund wachenden Eingabekontrolleur. Hilfe ist nun nah: SmartKey, ein Produkt des deutschen Softwarehauses Combit, erledigt die genannten Aufgaben - und noch eine ganze Reihe mehr.
Das Makroprogramm für Windows 95 und NT schlägt eine längst fällige Brücke: Es mag ja wirklich eine große Hilfe sein, mit der Autotextfunktion von WinWord ein Kürzel "vds" zu vereinbaren, daß während der Texteingabe die Floskel "Vielen Dank für die Beachtung aller Sicherheitsmaßnahmen!" erzeugt. Nun hat der Anwender aber vielleicht auch in den Editoren anderer Hersteller Bedarf für diesen Textersatz, vielleicht auch in seiner Tabellenkalkulation oder seinem E-Mail-Programm. Solche globalen Anforderungen erfüllt nur ein eigenständiger Makroprozessor, der im Hintergrund über alle Eingaben wacht, unabhängig vom gerade aktiven Programm. SmartKey erledigt diese Aufgabe auf einfache, elegante Weise und nutzt dabei konsequent den Benutzerkomfort der 32-Bit-Windowsversionen.
Der Leistungsumfang von SmartKey geht spürbar über die reine Ersetzfunktion von eingegebenem Text hinaus. Das Programm erlaubt es, beliebige Abläufe zu automatisieren oder gar andere Programme fernzusteuern. Das eingebaute Befehlssortiment erlaubt von der Navigation des Cusors bis zum Starten von Programmen so ziemlich alles, was für die Automatisierung komplexer Abläufe erforderlich ist. So kann beispielsweise der Basic-Programmierer durch die Eingabe eines von ihm festgelegten Kürzels - zum Beispiel "ssel" - nicht nur die Einfügung des kompletten Select-Blocks mit allen gewünschten Zeileneinzügen auslösen, sondern auch den Cursor an der Stelle innerhalb des Blocks positionieren, an der die nächste Eingabe erfolgen soll.
Die vorhandenen Steuerelemente sind in drei Gruppen gegliedert: Befehle, Variablen und Tasten. Bei den Befehlen befinden sich so mächtige Vorgänge wie das Öffnen von Fenstern, das Setzen des Fokus oder die Fernsteuerung des Menüs. Unter den Variablen findet man das aktuelle Datum und die Uhrzeit in verschiedenen Formatierungen, Umgebungsvariable und die Benutzerangabe. Mit "Tasten" ist die Simulation aller Nicht-Buchstaben-Eingaben möglich - von den Funktionstasten über die Pfeiltasten bis zur Strg-, Alt- und Umschalttaste. Alle Befehle, Variable und Tasten erscheinen als normaler Text im Makrocode. Alle Steuerelemente sind über Auswahlmenüs abrufbar, so daß niemand die umfangreiche Syntax auswendig lernen muß. Es gibt auch einen einfacheren Weg, zum gewünschten Makro zu kommen: Der Recorder erzeugt ihn automatisch bei entsprechender Aktivität und stellt ihn für eventuelle Nachbearbeitung zur Verfügung.
Auch die Organisation der angelegten Bausteine und Makros läßt an Übersichtlichkeit und Anwenderfreundlichkeit keine Wünsche offen. Innerhalb der aktiven Archivdatei findet man in bester Explorer-Manier auf der linken Seite des SmartKey-Fensters die entsprechend der Aufgabenbereiche individuell erzeugten Gruppensymbole, dargestellt durch die vertrauten Ordner-Icons. Ein Klick darauf klappt die enthaltenen Makros aus. Wiederum ein Klick auf das gewünschte Makro zeigt dessen Quelltext im rechts davon angeordneten Editorfeld. Das Erzeugen einer neuen Gruppe (im Programm "Set" genannt) oder eines neuen Makros läuft mit Hilfe der rechten Maustaste völlig unproblematisch ab. Auch das Löschen geschieht auf die bekannte Weise - am einfachsten mit der Entf-Taste.
Für den Einsatz mit verschiedenen Anwendern oder Aufgabengebieten lassen sich beliebig viele Archivdateien mit beliebig vielen, darin untergebrachten Sets und Makros erzeugen. Arbeitet man nur mit der vorbereiteten Standardarchivdatei, startet sie SmartKey beim Aufruf automatisch. Hier läßt sich der einzige wirkliche Kritikpunkt anbringen: Beim Launch aus dem Autostart-Ordner heraus "vergißt" das Programm manchmal den Namen der eingestellten Archivdatei, so daß man diesen nochmals explizit angeben muß. Diesen Effekt beobachtete ich auf verschiedenen Rechnern, was den Verdacht eines Programmfehlers erhärtet. Da die Integration des Makroprozessors in die Startgruppe besonders viel Sinn macht, wäre ein rasches Bugfix sicher kein unnötiger Luxus.
Zurück zum Hauptanwendungsgebiet eines Makroprozessors für die Leser dieses Magazins: Chatprogramme und grafische Onlinewelten. In den meisten Fällen tut SmartKey genau das, was man von ihm erwartet: Lieblingstippfehler automatisch korrigieren (aus "Windwos" wird "Windows"), zwei Großbuchstaben hintereinander eliminieren (aus "NAtur" wir "Natur"), bei Bedarf Umlaute umwandeln (aus "natürlich" wir "natuerlich") oder aufwendig formulierte Floskeln einsetzen (aus "kkuss" wird "<<Kuss!>>, aus "kkkuss" wird <<Langer Kuss!!>>, aus "kkkkuss" wird "<<Riesenkuss>>"). Erlauben fortgeschrittene Chatsysteme die Übermittlung bestimmter Funktionen, ausgelöst durch Sondertasten, so ist auch das mit SmartKey kein Problem.
Die Grenzen der Möglichkeiten werden allerdings beim Einsatz mit den immer wichtiger werdenden grafischen Chatsystemen sichtbar. So macht SmartKey bei WorldsAway - von Kennern als die "Zukunft des Online-Chat" bezeichnet - nur wenig Spaß. Zwar wickelt das Makroprogramm die übertragenen Aufgaben anstandslos ab, doch ist es den eingebauten Keyhook-Funktionen des WorldsAway-Browsers nicht gewachsen. Dieser überwacht die Eingaben auf vielfältige Weise selbst. Das Ergebnis: Da SmartKey die Übergabe von Makrotexten Zeichen für Zeichen abwickelt (im Interesse der Funktionssicherheit eigentlich eine lobenswerte Eigenschaft), geht es mit den Eingabekorrekturen leider nur im Zeitlupentempo voran. Besonders schwerfällig verläuft das vorherige Löschen des eingegebenen Kürzels - ein Manko, das auch bei einigen anderen Programmen zu beobachten ist. Wer sich an einem Onlinegespräch mit fünf weiteren Avataren beteiligen will (und vielleicht nebenher noch einen ESP-Dialog führt), gerät in kürzester Zeit hoffnungslos ins Hintertreffen und wird schnell auf die Dienste des sonst so nützlichen Programms verzichten. Auch die Option "Textbaustein über Clipboard einfügen" hilft leider nicht weiter - die Geschwindigkeitsbremse liegt in dem stark abgesicherten Chatclient begründet. Sollten die SmartKey-Entwickler in der explosionsartig anwachsenden Usergemeinde virtueller Onlinewelten eine relevante Zielgruppe sehen, wäre ein entsprechendes Update sinnvoll. Das Hauptproblem wäre bereits gelöst, wenn das Programm zusätzlich ein zweiteiliges Optionsfeld vorweisen würde. Die beiden Auswahlpunkte müßten lauten: "Text zeichenweise übertragen" und "Text zusammen übertragen".
SmartKey ist aus meiner Sicht ein Programm, auf das schreibintensive User schon lange gewartet haben. Erfreulich ist, daß die Umsetzung so ausgereift und benutzerfreundlich daherkommt.
Daten
Produkt:
Makroprozessor für 32-Bit-Windows
Hersteller:
combit GmbH, 78462 Konstanz
http://www.combit.de
Sytemvoraussetzungen:
ab Intel 386 , 4 MB RAM
CD-ROM (für CD-ROM-Version)
Windows
95 oder NT
Positiv:
Problemlose Installation
Großer Funktionsumfang
Mächtiger
Steuerkommandos
Einfache Bedienung über Explorer-artige Oberfläche
Anschauliche Gliederung in Archivdateien und Sets
Negativ:
Kleine Probleme beim Autostart
Durch zeichenweise Übertragung
etwas langsam
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